Internationale Charta der Metropolitan Trails

Wir, die Initiatorinnen und Initiatoren der Metropolitan Trails, möchten unsere Arbeitsweise formalisieren, um sie mit anderen teilen und sie verbreiten zu können. Zu diesem Zweck haben wir die Metropolitan Trails Academy gegründet und diese Charta verfasst, die am 8. Februar 2020 in Athen angenommen wurde.

Wir stellen fest: :

1. DIE KUNST DES MACHENS

An der Entstehung des Stadtbilds sind zahlreiche Akteure beteiligt: Stadtplaner, Ingenieure, Immobilienentwickler, Politiker, Verwaltungsbeamter… aber auch die Bewohner und Benutzer der Stadt mit ihrer Alltagspraxis. Insbesondere Künstler und Architekten verstehen ihre bewohnte Umwelt zunehmend als Experimentierfeld für neue, kreative Praktiken des Zusammenlebens und Zusammenarbeitens. In den Künsten ist unser Verhältnis zu unserer räumlichen Umwelt zu einem zentralen Thema geworden.

2. TRANSPORT

Die moderne Stadt ist zunehmend durch die Entkopplung von öffentlichen Räumen und Verkehrsverbindungen gekennzeichnet. Die Infrastrukturen der Hypermobilität fragmentieren unsere Stadtlandschaften und lassen uns das zu-Fuß-Gehen abgewöhnen, das für unser Wohlbefinden so wichtig ist.

3. REPRÄSENTATION

Menschen haben eine bildliche Vorstellung von ihrem Lebensraum. Doch die Kluft zwischen der Realität unserer Stadtlandschaften und unserer Vorstellung von ihnen wächst. Große Teile unserer Städte sind in unserer mentalen Kartierung nicht oder nur sehr lückenhaft enthalten und die meisten Lesarten und Stadtnarrative, über die wir verfügen, verdanken sich Marketingstrategien.

4. ORTE DES LERNENS

Unsere Lernräume sind oft von unseren Lebensräumen abgekoppelt. Unsere moderne städtische Umwelt spricht nicht zu uns, da wir nicht in der Lage sind, sie zu lesen. In den Lehrplänen der Schulen nehmen Urbanismus und Ökologie nur wenig Raum ein, so dass die Menschen nicht darauf vorbereitet werden, sich an den dringenden Fragen unseres Jahrhunderts zu beteiligen.

5. LEBENSRAUM

Im einundzwanzigsten Jahrhundert stehen die Gesellschaften an der Schwelle zu einer grundlegenden Neuverhandlung ihrer Beziehungen zur Erde. Die Wiedereingliederung unserer Städte in die Biosphäre erfordert radikale Veränderungen der städtischen Infrastruktur, einen anderen Umgang mit unserem Wissen und eine Anpassung unserer Lebenspraxis.

Deshalb schlagen wir die Einrichtung von Metropolitan Trails vor :

1. WERKE

Metropolitan Trails sind Wegrouten. Sie sind Sinneinheiten wie die Pinselstriche eines Gemäldes, die Tonfolge einer Melodie oder die Worte eines Satzes. Sie sind physisch erfahrbare, gestaltete Kontinuitäten und auch rechtlich als Werke zu betrachten. Sie haben einen Autor, in der Regel einen kollektiven Autor, da sie von Behörden, Bewohnern und anderen Beteiligten gemeinsam erarbeitet werden.

2. ÖFFENTLICHE RÄUME UND VERKEHRSINFRASTRUKTUR

Metropolitan Trails sind öffentliche Räume im großen Maßstab. Sie laden die Stadtbewohner dazu ein, das Zufußgehen neu zu entdecken und sich vom Auto zu befreien. Die Durchquerung der Stadt mit den Mitteln des menschlichen Körpers führt die Stadt auf das menschliche Maß zurück. Metropolitan Trails propagieren die entschleunigte Stadtbenutzung der Stadt nach dem Ölzeitalter.

3. GESCHICHTEN

Metropolitan Trails sind narrative Linien, die unsere Stadtlandschaften „erzählen“. Sie lassen uns in Galaxien von Geschichten eintauchen und befreien uns von den unterkomplexen und klischeehaften Darstellungen der Massenmedien. Angesichts der Krise der großen Narrative (Modernität, Fortschritt, Nation…), gehen wir zu Fuß auf die Suche nach den wahren Begebenheiten vor Ort.

4. SCHULE MACHEN

Metropolitan Trails bieten die Möglichkeit, Wissen aus den verschiedensten Fachgebieten zu erwerben, anzuwenden und weiterzuentwickeln, und das in allen Lebensphasen. Als Ergänzung zu den Lehrplänen der staatlichen Bildungseinrichtungen sind Metropolitan Trails freie Akademien ohne feste Bauten, in denen Schüler und Lehrer beständig die Rollen tauschen. Indem sie unser Wissen an das zurückkoppeln, was vor uns liegt, machen Metropolitan Trails die Welt zu unserer Schule.

5. DIE ERDE BEWOHNEN

Die Metropole ist ein Ort der Beschleunigung, der Entkopplung und der Deterritorialisierung. Im Kern geht es bei den Metropolitan Trails darum, die Krise unserer Beziehungen zur Erde aufzuzeigen, indem sie uns provozieren, inspirieren und einladen, durch Landschaften zu gehen, die für Fahrzeuge gebaut wurden, uns an Orten, die für das Wohnen in Innenräumen gedacht sind, ins Freie zu wagen und Verbindungen zwischen fragmentierten Landschaften herzustellen.
Architektur, Landwirtschaft, botanische Besonderheiten, Wassereinzugsgebiete, Lost Places,, Energieversorgungsnetze ... Metropolitan Trails machen Lust, unseren Lebensraum neu zu entdecken, so dass unsere tägliche Umgebung zu uns zu sprechen beginnt und wir in der Lage sind, ihrer Entwicklung eine neue Richtung zu geben.

UnterzeichnerInnen

JORDI BALLESTA, geographer, Athens
GIANNI BIONDILLO, writer, Milan
YVAN DETRAZ, architect, Bruit du frigo, Bordeaux
JENS DENISSEN, lanscape designer, Le Voyage Métropolitain, Paris
ALEXANDRE FIELD, architect, Bureau des Guides du GR2013, Marseille
CHARLIE FOX, artist, Inspiral London, London
BAPTISTE LANASPEZE, publisher, Sentiers Métropolitains, Marseille
PAUL-HERVÉ LAVESSIÈRE, urbanist, Sentiers Métropolitains, Toulon
LOÏC MAGNANT, coordinator, Bureau des Guides du GR2013, Marseille
GEOFFROY MATHIEU, photographer, Marseille
NICOLAS MÉMAIN, artist, Marseille
DENIS MOREAU, artist, Paris
GIANLUCA MIGLIAVACCA, guide, Trekking Italia, Milan
MIKAEL MOHAMED, head of international relations, Mucem, Marseille
JULIE DE MUER, coordinator, Bureau des Guides du GR2013, Marseille
BORIS SIEVERTS, artist, büro für städtereisen, Cologne
HENDRIK STURM, artist, Marseille
FIVOS TSARAVOPOULOS, coordinator, Paths of Greece, Athènes
CARMELO VANADIA, trainer, Trekking Italia, Milan```